TESTAMENT und PFLEGEVERMÄCHTNIS -

Was ist zu beachten?

 

In meinem heutigen Artikel möchte ich mich wieder den „Testamenten“ zuwenden und vor allem die Frage beantworten, warum und wann es absolut wichtig ist, ein Testament zu errichten und nicht darauf zu vertrauen, dass auch ohne Testament – vor allem, wenn man noch nicht sehr alt ist – die gewünschte Erbfolge eintritt. Auch möchte ich darstellen, was ein Pflegevermächtnis ist und wann es erfolgreich geltend gemacht werden kann.

 

Testament

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Errichtung eines Testaments kein Muss ist, das heißt, auch ohne Testament regelt das Gesetz, wer nach dem Tod zum Erben berufen wird.

Wir sprechen in derartigen Fällen von der gesetzlichen Erbfolge, die immer dann eintritt, wenn kein Testament oder ein ungültiges Testament vorhanden ist.

Um nun für sich die Entscheidung treffen zu können, ob ein Testament errichtet werden soll oder ohnedies die gesetzliche Erbfolge ausreichend ist, um den gewünschten Erben den Nachlass zukommen zu lassen, muss man sich die Frage stellen, wer beim Ableben der gesetzliche Erbe wäre. Bin ich mit dem gesetzlichen Erben ohnedies einverstanden, muss ich dann selbstverständlich kein Testament errichten.

 

Ich möchte nun an einigen Beispielen darstellen, wer – ohne Testament – nach der gesetzlichen Erbfolge dann tatsächlich zum Erben berufen wurde:

 

Fall 1:

Jemand hat eheliche Kinder und auch ein außereheliches Kind, wobei zu diesem außerehelichen Kind schon lange kein Kontakt besteht.

 

Ohne Testament erben alle Kinder den gleichen Anteil, egal, ob sie ehelich oder außerehelich geboren wurden. Der Gesetzgeber hat schon seit vielen Jahren die außerehelichen Kinder den ehelichen Kindern gleichgestellt.

 

Will ich verhindern, dass ein außereheliches Kind den gleichen Anteil wie ein eheliches Kind erbt, muss ich ein Testament errichten, wobei ich darin die Möglichkeit habe, das außereheliche Kind auf den „Pflichtteil“ zu beschränken (der Pflichtteil macht dann nur die Hälfte der sonstigen Erbquote aus) oder das Kind gemäß § 776 ABGB auf den halben Pflichtteil zu beschränken. Dafür ist es allerdings erforderlich, dass zwischen dem Elternteil und dem außerehelichen Kind zumindest über einen längeren Zeitraum (wobei die Gerichte von mindestens 20 Jahren ausgehen) kein Naheverhältnis bestand, wie es gewöhnlich zwischen Eltern und Kindern besteht. Voraussetzung für eine solche zusätzliche Minderung ist weiters, dass nicht ich selbst Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben habe oder ich diesen grundlos selbst gemieden habe. Durch eine solche Art richtig testamentarisch verfügte Pflichtteilsminderung kann ich den Anspruch des betroffenen Kindes (dabei kann es sich natürlich auch um ein eheliches Kind handeln) auf 25% des sonstigen Erbanteiles mindern!

 

Fall 2:

Ein verheiratetes Ehepaar hat zwei Kinder! Plötzlich stirbt einer der Ehegatten. Testament ist keines vorhanden:

 

Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt dann eben der überlebende Ehegatte nur ein Drittel, die beiden Kinder erben ebenfalls jeweils ein Drittel.

 

Wenn eine Liegenschaft allerdings vorhanden ist, bedeutet dies, dass dann der überlebende Ehegatte mit seinen 2 Kindern zu jeweils einem Drittel im Grundbuch eingetragen wird, was zufolge hat, dass bei Entscheidungen über die Liegenschaft, etwa bei notwendigen Investitionen (Dachreparatur etc.) der überlebende Ehegatte zumindest die Zustimmung eines weiteren Kindes einholen muss, um die Mehrheit der Stimmen im Rahmen der Miteigentumsgemeinschaft zu bekommen.

 

Soll eine solche Situation vermieden werden, hätte der andere Ehegatte zu Lebzeiten eben ein Testament errichten müssen.

 

Fall 3:

Zwei nicht verheiratete Lebensgefährten ohne Kinder: Einer stirbt.

 

Ohne Testament tritt die gesetzliche Erbfolge ein, das heißt, der andere Lebensgefährte erbt gar nichts, der gesamte Nachlass fällt den Eltern des Verstorbenen zu!!

 

Auch das könnte mit einem formgültigen Testament verhindert werden.

 

Fall 4:

Zwei Lebensgefährten haben ein gemeinsames Kind. Einer stirbt.

 

Ohne Testament fällt die gesamte Erbschaft dem Kind zu; der andere Lebensgefährte erbt gar nichts.

 

Soll dies verhindert werden, etwa weil gemeinsamer Liegenschaftsbesitz vorhanden ist (Haus oder Wohnung), hätte rechtzeitig ein formgültiges Testament errichtet werden müssen.

 

Fall 5:

Ein verheiratetes Ehepaar ohne Kinder. Ein Ehepartner stirbt.

 

Ohne Testament erbt der überlebende Ehepartner nur zwei Drittel, das restliche Drittel fällt den Eltern des verstorbenen Ehepartners zu!

 

Auch dies hätte durch ein Testament verhindert werden können.

 

Pflegevermächtnis

Erst durch die Erbrechtsreform 2015 mit Wirksamkeit 01.01.2017 wurde das sogenannte Pflegevermächtnis eingeführt.

 

Anspruch auf ein Pflegevermächtnis haben nahe Angehörige des Verstorbenen, also seine gesetzlichen Erben, deren Ehegatten, Lebensgefährten oder eingetragene Partner und deren Kinder, sowie der Lebensgefährte des Verstorbenen und dessen Kinder, wenn diese den Verstorbenen in den letzten 3 Jahren vor dessen Tod über zumindest 6 Monate lang in einem Ausmaß von mindestens 20 Stunden pro Monat gepflegt haben!! (§ 677 ABGB)

 

Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Vermächtnis, welches in Geldform abzugelten ist, sofern nicht der Pflegende dafür ohnedies bereits eine entsprechend ausreichende Zuwendung oder ein Entgelt erhalten hat. (Selbst wenn teilweise finanzielle Abgeltungen auf die erbrachte Pflege erfolgt sind, kann ein Differenzbetrag dann als Pflegevermächtnis noch geltend gemacht werden, wenn die bisher geleisteten Zahlungen dafür nicht ausreichend waren.)

 

Grundsätzlich gebührt das Pflegevermächtnis neben dem Pflichtteil und ist nicht auf diesen anzurechnen. Es hat überdies Vorrang vor anderen Vermächtnissen.

 

Das Pflegevermächtnis unterliegt der kurzen 3-jährigen Verjährungsfrist, wobei die Frist erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers zu laufen beginnt, sodass der dafür Berechtigte an sich (insgesamt) 4 Jahre ab dem Tod des Gepflegten Zeit hat, seine Forderung aus diesem Vermächtnis gerichtlich geltend zu machen, danach ist der Anspruch allerdings verjährt.

 

Zuletzt wurden von den Gerichten Stundensätze von € 17,00 pro nachgewiesener Pflegestunde herangezogen, wobei davon auszugehen ist, dass diese Sätze sich laufend (marktkonform bzw. inflationsbedingt) erhöhen werden. Wichtig ist auch, dass unter „Pflege“ nicht nur die klassische pflegerische Tätigkeit zu verstehen ist, sondern ganz allgemein jede Tätigkeit, die geeignet ist, einer pflegebedürftigen Person die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern, sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Das heißt, es können auch sonstige Unterstützungsleistungen, die obigen Kriterien entsprechen, für ein Pflegevermächtnis herangezogen werden.

 

Wichtig ist, dass derjenige, der ein solches Pflegevermächtnis im Nachlass geltend machen möchte, durch eine entsprechende Aufstellung, oder sonstige Beweisurkunden den Nachweis erbringt, ab wann er welche (Pflege-)Leistungen wie lange und wie oft erbracht hat und muss er dann aktiv die Forderung auf ein Pflegevermächtnis im Verlassenschaftsverfahren (rechtzeitig beim Notar) anmelden und somit geltend machen.

 

Für Beratungen zum Thema Pflegevermächtnis und für Testamentserrichtungen stehe ich in meiner Kanzlei in Köflach (03144/93082) gerne zur Verfügung.

 

 

RA Mag. Werner Diebald

RA Mag. Werner Diebald

Bahnhofstraße 21

A-8580 Köflach

Telefon: 03144/93082

Fax: 03144/93082-20

E-Mail: office@ra-diebald.at

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Rechtsanwaltscode: R603869

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